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Margrit Kennedy, Bernard A. Lietaer: REGIONALWÄHRUNGEN – Neue Wege zu nachhaltigem Wohlstand

Unsere Sozialsysteme, insbesondere unser Gesundheitssystem, sind trotz sich immer weiter abschwächender Leistungen kaum noch bezahlbar. Das Vermögen der Sparer wurde bereits im Zuge des Millennium-Börsencrashs eingestampft.

Was wir da beobachten, sind die Wirkungen eines Finanzsystems, das in erster Linie auf Spekulation basiert, weniger auf dem konkreten wirtschaftlichen Austausch realer Güter und Dienstleistungen.

Kennedy und Lietaer erläutern in einleuchtender Weise, warum unser Geldsystem zu derartigen Exzessen führen muss, geben aber auch konstruktive Auskunft darüber, wie wir unser Geld aus den Spekulationsblasen retten können, damit es endlich wieder unseren wahren Bedürfnissen und regionalen Wirtschaftskreisläufen dienlich ist.

Das Schreckensszenario, das allen Industrienationen und allen voran Deutschland gemein ist, lässt sich in diese Worte fassen: leere Staatskassen, unfinanzierbare Sozialsysteme trotz ständiger Steuererhöhungen, Kappungen von Subventionen. Der „Big Deal“ der sozialen Marktwirtschaft muss daran scheitern, dass es konzeptionell immerzu nur enormes Wirtschaftswachstum geben darf. Am Ende ist der Kampf „jeder gegen jeden“ eröffnet.

Margrit Kennedy und Bernard Lietaer sagen mit ihrem Buch, dass das so nicht sein muss, dass es sehr wohl Auswege aus dem Dilemma gibt. Sie untermauern dies mit dem Modell eines alternativen Wirtschaftssystems, in dem Arbeit wieder bezahlbar ist, indem das Kapital verbilligt wird. Nicht die großen Investoren sind da die Säulen des Wirtschaftsgefüges, sondern diejenigen, die bereit sind, in konkrete Arbeit zu investieren.

Ähnliches gab es ja schon, tatsächlich gefolgt von Aufschwung und langfristigem Wohlstand. Das Problem war aber immer die Qualität der global konvertierbaren Währungen. Die Autoren plädieren dafür, dass diese unbedingt durch regionale Komplementärwährungen zu ergänzen sind. So sollte zum Beispiel dem Euro die „Regio“-Tauschwährung an die Seite gestellt werden. Damit könnten in einer Region die Güter und Dienstleistungen unkompliziert gegeneinander verrechnet werden, ohne auf Geld der Zentralbank zurückzugreifen zu müssen.

In diesem Zuge stellen die beiden Geld-Spezialisten sogleich mehrere Modelle für Regionalwährungen vor, die übrigens auch schon im Umlauf sind:

  •  Gutscheinsysteme
  • Regionale Verrechnungseinheiten
  • Zinslose Kreditgenossenschaften

Zugleich weisen sie nach, warum unser Zinssystem so schädliche Auswirkungen haben und sämtliche Leistungen für die Bürger immer weiter verteuern muss. In der Folge verkommt die Realökonomie zur „Spekulationslusche“ und verliert jeden Tag einen Teil ihrer ursprünglichen Kraft.

Jede Regionalwährung birgt den großen Vorteil, dass sie von Spekulanten nicht angreifbar ist. Anhand von historischen und aktuellen Beispielen zeigen die Autoren auf, dass regionales Geld immer mit einer Erfolgsgeschichte verbunden war und ist. Dabei wird nicht außer Acht gelassen, dass die Einführung einer regionalen Komplementärwährung durchaus problembehaftet ist, aber es gibt bereits Strategien zu deren Lösung.

Bernard Lietaer geht exemplarisch auf die Anstrengungen der japanischen Regierung ein, mithilfe von Komplementärwährungen die Deflation zu bekämpfen. Da diese eben nicht ausschließlich nur ein japanisches Problem ist, sondern wie ein Damoklesschwert über allen Staaten baumelt, verdienen seine Ausführungen ein besonderes Interesse.

Margrit Kennedy legt ihren Fokus eher auf die Vorzüge der verschiedenen Komplementärwährungen und zielt auf deren Gemeinsamkeiten ab. Das Buch ist mit Sicherheit als wichtige Basisliteratur für all diejenigen zu verstehen, die die Umgestaltung unserer verkorksten Wirtschaftsordnung aktiv vorantreiben möchten.

Die Autoren

Margrit Kennedy war in unterschiedlichen Forschungsprojekten der UNESCO und der OECD in Nord- und Südamerika sowie in insgesamt 15 europäischen Ländern tätig. Sie ist „Professorin für technischen Ausbau und ressourcensparendes Bauen“ an der Leibniz-Universität in Hannover und Koordinatorin eines Netzwerks zur praktischen Umsetzung von Regionalwährungen.

Bernard Lietaer war fünf Jahre an der belgischen Zentralbank tätig. Sein erstes Projekt beschäftigte sich dort mit der Gestaltung und Umsetzung des europäischen Währungssystems. An der Universität von Louvain (Belgien) lehrte er „Internationale Finanzen“. Zudem war er Devisenhändler und Generalmanager eines großen Hedgefonds. Heute arbeitet Lietaer in Berkeley als Wissenschaftler am „Center of Sustainable Resources“, das zur „University of California“ gehört.