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Reto U. Schneider: DAS BUCH DER VERRÜCKTEN EXPERIMENTE

Wann kann man ein Experiment als „verrückt“ bezeichnen? Vielleicht dann,

  • wenn Hundefürze der Untersuchungsgegenstand sind,
  • wenn die Verdauungsleistung eines Patienten mit Bauchschuss im Fokus steht,
  • wenn der Proband seine besondere religiöse Erfahrung unter einem Magnethelm schildern soll.

Erfolgt die Einstufung eines Experiments als „verrückt“, so hat dies erst einmal nichts mit einer Wertung der wissenschaftlichen Bedeutung des Versuchs zu tun. Reto U. Schneider geht in seinem Buch auf wichtige und unwichtige, komische und irritierende Experimente ein und führt uns damit auf eine sehr unterhaltsame Weise den Ideenreichtum der Forscher seit dem Mittelalter vor, allerdings dann doch mit einem Fokus auf das 20. Jahrhundert, weil in der Moderne die Belegbarkeit der Versuche gesicherter erscheint.

Als Beispiel sei hier das berühmte „Milgram-Experiment“ mit Elektroschocks aufgeführt, das im Jahre 1961 stattfand. Dem Erfinder Stanley Milgram kostete es allerdings seine weitere Berufsausübung. Andere Versuche, die der Autor nachzeichnet, erscheinen zum Teil weniger schrecklich zu sein, wie beispielsweise:

  • die Waffentauglichkeit von Bierhumpen
  • der Zusammenhang zwischen Intuition und Erdbeerkonfitüre
  • der Einfluss nasser Socken auf Erkältungskrankheiten
  •  der Musikgeschmack von Fischen
  • die Selbsterkenntnis von Affen
  • die Experimenttauglichkeit tief gefrorener Tampons
  • die Effizienz von Coca-Cola als Verhütungsmittel

Darüber hinaus gibt es immer wieder Forscher, die im wahrsten Sinne des Wortes „mit Leib und Seele“ bei ihrer Sache sind. Einer zum Beispiel injizierte sich selbst hochgiftiges Schlangensekret und ein Anderer ließ sich zu Forschungszwecken freiwillig in die Psychiatrie einweisen. Wenn wir doch mal etwas weiter in die Vergangenheit schauen, finden wir den belgischen Alchemisten Van Helmont. Er war im Jahre 1647 fest davon überzeugt, dass man Mäuse aus Schmutz herstellen kann.

Außer über die „verrückten“ Experimente schreibt der Autor auch über die Motivation der Forscher und über ihre zuweilen ziemlich skurrilen Schlussfolgerungen sowie über die Resonanz der Öffentlichkeit, die es ja oft genug darauf gab. Gewiss mutet das eine oder andere Experiment recht bizarr an, doch alles, was der Autor beschreibt, ist durch ausführliches Quellen- und Bildmaterial belegt.

„Das Buch der verrückten Experimente“ stellt gleichsam eine seltsame Sammlung wissenschaftlicher Kuriositäten dar. Jede für sich zeugt von teilweise ungezügeltem Streben nach Wissen, von Selbstüberschätzung oder auch von grenzenloser Naivität. Trotz der erschreckenden Tragik, die zuweilen ins Komische abgleitet, kann diesem Buch spannendes Lesevergnügen bescheinigt werden.

Der Autor

Reto U. Schneider ist ein preisgekrönter Wissenschaftsredakteur, der vorrangig für Folio (Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung) schreibt. Außerdem ist er der Autor von „Planetenjäger“ (1997), worin es um die Entdeckung von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems geht.

Reto U. Schneider
DAS BUCH DER VERRÜCKTEN EXPERIMENTE
C.Bertelsmann
Umfang: ca. 320 Seiten
ca. € 19,90 [D] / € 20,50 [A] / sFr 34,90
ISBN: 3-570-00792-8
ET: September 2004