James Bamfords Bericht über den großen Lauschangriff durch die NSA ist investigativer Journalismus par excellence. „Never say anything“ ist in der Tat eine treffende Erklärung dieser drei Buchstaben, die eigentlich „National Security Agency“ bedeuten sollen und den technischen Geheimdienst der USA meinen.
Ihren Mitarbeitern am NSA-Hauptsitz in Fort Meade/Maryland werden jeden Monat neu die drakonischen Strafen für Hochverrat vorgelesen. Die nur für sie hergestellten Zeitungen enthalten stets den Hinweis, dass diese gleich nach dem Lesen vernichtet werden müssen. Dennoch wagte es James Bamford, nun schon ein zweites umfangreiches Werk über eine Welt zu veröffentlichen, die sich unbedingt total nach außen abschotten will.
Fast 20 Jahre waren bis zu diesem Buch seit seinem Bestseller „The Puzzle Palace“ vergangen (deutscher Titel „NSA – Amerikas geheimster Nachrichtendienst“, 1986), doch nun musste der NSA-Chef General Hayden wieder peinliche Enthüllungen befürchten.
Oft reicht schon ein verdächtiges Wort am Telefon, im Fax, in der E-Mail, um sich in jenem Spinnennetz zu verfangen, die Terrorismus, die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen (Proliferation) oder wirtschaftlich interessante Neuentwicklungen anderer Länder auskundschaftet. 1994 hatte die NSA zum Beispiel Telefonate zu einem Milliardendeal zwischen brasilianischen Regierungsvertretern und der französischen Firma Thomson-CSF abgehört. Die NSA erwartete hier Schmiergeldzahlungen durch die Franzosen und ließen den Deal platzen. Den Zuschlag bekam schließlich das amerikanische Unternehmen „Raytheon Corporation“, so ein Pech aber auch.
Ein Jahr später spitzte die NSA die Ohren bei der Kommunikation zwischen der saudi-arabischen Fluggesellschaft, dem europäischen Airbus-Konsortium und der saudischen Regierung. Wieder ging es um Bestechung, dieses Mal durch die Airbus-Manager. Washingtons Druck auf Riad führte dazu, dass Boeing und McDonnell Douglas den Zuschlag plus einen Auftrag mit einem Volumen von 6 Milliarden Dollar erhielten, gute Arbeit wieder einmal.
Als technisches Mittel für die Abhörtätigkeiten dienen der NSA gigantische Antennen und Satellitenanlagen. Würde man die Krake NSA als Unternehmen betrachten, so Bamford, würde sie in Geld, Betriebsfläche und Belegschaftsgröße zu den ersten 10 Prozent in der Fortune-500-Tabelle gehören. Allein für die Flugreisen ihrer Mitarbeiter gab die NSA 1995 über 9,4 Millionen Dollar aus.
Zunächst geht Bamford auf die Gründung des geheimen „Signal Intelligence Service“ im Jahre 1930 ein, das war eine Art Vorläufer der NSA. Damals ging es unter anderem um das Abhören von Informationen im Korea-Krieg. Während der Suez-Krise 1956 konnte diese Einrichtung aber die französischen und britischen Codes nicht knacken. Über der Sowjetunion war der Pilot Gary Powers abgeschossen worden, was es zu enträtseln galt, und die Invasion in der Schweinebucht stand auch auf deren Programm. Der Kalte Krieg machte selbst vor dem Nordpol nicht halt. Am Ende der 1950er-Jahre spionierten beide Supermächte sogar mithilfe getarnter Wissenschaftler auf treibenden Eisschollen.
Darüber hinaus verfügte die NSA über Spionageschiffe. Die USS Liberty und eine Herkules C-130 waren während des Sechs-Tage-Kriegs 1967 damit beschäftigt, sämtliche Funksprüche mitzuhören, immerhin war Washington von Israel über die wahren Kriegsziele nicht unterrichtet worden. Bamford dokumentiert in seinem Buch auch, dass indische UN-Blauhelme mit ihrer gehissten Flagge auf ihrem Weg nach Gaza bewusst von israelischen Panzern beschossen wurden. Überlebende wurden zudem enthauptet.
Israel hatte sehr viele ägyptische Kriegsgefangene gemacht, doch keine Kapazitäten, diese unterzubringen oder gar zu bewachen. Kurzerhand mussten die Gefangenen eine Grube ausheben, um sie unmittelbar danach zu erschießen. Ungefähr 1000 Gefangene wurden so gemein durch israelische Soldaten auf dem Sinai ermordet. Es war kein Geringerer als Ariel Scharon, der jenes Gebiet dieses Massakers besetzt hatte.
Israel war ganz und gar nicht amüsiert über die Abhöraktionen der Amerikaner. So wurde der Befehl zum Angriff des amerikanischen Schiffs erteilt. Dies erledigten ohne jegliche Vorwarnung 15 israelische Düsenjäger, die selbst vor dem Einsatz von Napalm nicht zurückschreckten. Israelische Torpedoboote gaben dem schwerbeschädigten Schiff den Rest und zerstörten auch die wenigen Rettungsflöße, damit kein einziger Zeuge des Mordens übrig blieb.
Bamford berichtet über diese geheime Angelegenheit schonungslos und konstatiert, dass Hunderte hoher israelischer Offiziere faktisch Kriegsverbrecher sind. Da die Funksprüche tatsächlich aufgefangen wurden, führt Bamford den Nachweis, dass die Aussage Israels, die USS Liberty für ein feindliches ägyptisches Schiff gehalten zu haben, eine bewusste Lüge war. Die NSA selbst gab diese Dokumente bis heute nicht frei, warum eigentlich nicht?
Der Autor
James Bamford wurde am 24.09.1946 in Atlantic City, New Jersey geboren. Er schreibt als Journalist für mehrere renommierte Zeitungen, zum Beispiel The New York Times, Los Angeles Times oder The Washington Post. Er ist der Autor von mehreren Bestsellern, die über Nachrichtendienste der USA berichteten. Außerdem war Bamford Produzent der ABC World News sowie jahrelang Gastdozent an der „University of California“ in Berkeley.